Justiz, Recht und Freiheit. Justitia Anwalt Schoenrock

Der Preis der Freiheit ist stetige Wachsamkeit


Thomas Jefferson

Das Strafverfahren - Ermittlungsverfahren - Anklage - Hauptverhandlung

Besteht ein so genannter Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO) kommt es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Hierfür ist entscheidend, dass aufgrund bestimmter Tatsachen und nach kriminalistischer Erfahrung es zumindest möglich erscheint, dass eine strafbare Handlung begangen wurde. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft oder Polizei von den Verdachtsgründen Kenntnis erlangt. In der Regel geschieht dies durch eine Anzeige. Das Verfahren richtet sich dann gegen den Beschuldigten bzw. gegen Unbekannt.

  • Ermittlungsverfahren

    Im Ermittlungsverfahren ist die Staatsanwaltschaft zunächst die entscheidende Instanz, weshalb sie auch oft als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet wird. Ihr obliegt es über den Weitergang des Verfahrens zu entscheiden, insbesondere was und wie zu ermitteln ist. Hierbei bedient sie sich ihrer Hilfsbeamten (§ 162 GVG), namentlich der Polizei. Die Staatsanwaltschaft ist jedoch keine bloße Strafverfolgungsbehörde. Ihre Aufgabe umfasst die Ermittlung des gesamten Tatgeschehens und damit auch der entlastenden Umstände (§ 160 Abs. 2 StPO). Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind jedoch, vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Kriminalität, auch aufgrund der angespannten Haushaltssituationen, Grenzen gesetzt. Umso wichtiger ist somit die frühe Einschaltung eines Strafverteidigers der durch Beweisanträge oder Gespräche mit der zuständigen Staatsanwaltschaft die Ermittlungen in richtige Wege leiten kann.

    Die Staatsanwaltschaft darf bei ihren Ermittlungen Maßnahmen durchführen, soweit diese nicht auf Zwang beruhen oder in die Grundrechte der Bürger eingreifen. Zu diesen Ermittlungsmaßnahmen gehören etwa die Vernehmung von Zeugen, die Untersuchung des Tatorts oder die Spurensicherung. An die weiteren Untersuchungsmaßnahmen, wie Blutentnahme oder Hausdurchsuchungen sind besondere Voraussetzungen geknüpft. In der Regel bedarf es hierfür des Beschlusses eines Richters.

    Schlussendlich entscheidet die Staatsanwaltschaft wann die Ermittlungen abgeschlossen sind (§ 169a StPO). Besteht ein hinreichender Tatverdacht erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage. In anderen Fällen kann das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden wenn der Tatnachweis nicht zu führen ist oder sich die Unschuld des Beschuldigten herausgestellt hat. Auch bei Vorliegen des hinreichenden Tatverdachts kann eine Einstellung erfolgen, wenn etwa Verfahrenshindernisse- zum Beispiel das Fehlen eines Strafantrags- vorliegen. Die Erhebung einer Anklage ist jedoch nicht die zwingende Folge eines hinreichenden Tatverdachts. Die Staatsanwaltschaft kann gemäß §§ 153 ff. StPO aus sogenannten Opportunitätsgründen- d.h. die Staatsanwaltschaft kann eingreifen, muss dies aber nicht (Zweckmäßigkeit)- eingestellt werden.

    Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft dafür, das Verfahren betreiben zu wollen, so kann sie entweder Anklage erheben oder den Erlass eines Strafbefehls beantragen.

    Im Falle einer Anklage erhebt die Staatsanwaltschaft diese vor dem zuständigen Gericht. Die sachliche Zuständigkeit hängt hauptsächlich von der zu erwartenden Strafe ab. Bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe (oder bei Geldstrafe) von zwei Jahren ist der Strafrichter (Einzelrichter § 25 GVG) beim Amtsgericht, bei einer Straferwartung von zwei bis vier Jahren, bzw. beim Vorliegen eines Verbrechens (eine Tat, die im Mindestmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, vgl. § 12 StGB) ist das Schöffengericht (ein Berufsrichter und zwei Schöffen, § 28 GVG) des Amtsgerichts zuständig. Jenseits einer Straferwartung von vier Jahren ist die große Strafkammer beim Landgericht zuständig, §§ 24, 74 GVG. Die große Strafkammer beim Landgericht ist ebenfalls zuständig, wenn der Sache besondere Bedeutung zukommt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder die Sicherungsverwahrung in Betracht kommt.
    Für die Aburteilung von Delikten wie Mord oder Totschlag ist das Schwurgericht, besetzt mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen (§ 76 GVG) mit gesetzlich bestimmter Zuständigkeit gem. § 74 Abs. 2 GVG, zuständig.

  • Zwischenverfahren

    Im nun folgenden Zwischenverfahren entscheidet das Gericht nun, ob es den hinreichenden Tatverdacht ebenfalls für gegeben hält und eröffnet das Hauptverfahren.

  • Hauptverfahren

    Es folgt das Hauptverfahren, in dem die Strafsache aufgeklärt werden soll. Das Hauptverfahren nimmt folgenden Verlauf:

    ▪ Aufruf der Sache § 243 Abs. S. 1 StPO
    ▪ Feststellung Anwesenheit § 243 Abs. S. 2 StPO
    ▪ Zeugenbelehrung § 57 S. 1 StPO
    ▪ Zeugen verlassen Sitzungssaal § 243 Abs. 2 S. 1, Ausnahme § 406 Abs. 1 S. 1 StPO
    ▪ Vernehmung des Angeklagten zu pers. Verh. § 342 Abs. 2 S. 3 StPO
    ▪ Belehrung Aussagefreiheit § 243 Abs. 4 S. 1 StPO
    ▪ ggf. Vernehmung des Angeklagten § 243 Abs. 4 S. 2 StPO
    ▪ Zeugenvernehmung:

    - Person § 68 Abs. 1 S. 1 StPO
    - ggf. Belehrung § 52 Abs. 3 S. 1 StPO
    - Vernehmung zur Sache § 69 StPO
    ▪ ggf. Belehrung § 55 StPO
    ▪ Verlesung von Urkunden
    ▪ Inaugenscheinnahme
    ▪ Sachverständigengutachten
    ▪ Verlesung BZRG
    ▪ Erörterung der Lebensumstände
    ▪ ggf. Bericht der JGH
    ▪ Schluss der Beweisaufnahme
    ▪ Schlussvortrag StA § 258 Abs. 1 StPO
    ▪ ggf. Schlussvortrag Verteidigers § 258 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 StPO
    ▪ ggf. Schlussworte des Angeklagten § 258 Abs. 1, Abs. 3 StPO
    ▪ letztes Wort des Angeklagten § 258 Abs. 2, 2 HS. StPO
    ▪ Verkündung des Urteils § 260 Abs. 1, § 268 StPO
    ▪ ggf. Beschluss § 268a Abs. 1 StPO
    ▪ Eröffnung der Urteilsgründe § 268 Abs. 2 S. 2 StPO
    ▪ Rechtsmittelbelehrung § 35a StPO
    ▪ ggf. Belehrung § 268a Abs. 3 StPO
    ▪ Schluss der Hauptverhandlung

    Durch das Urteil des Gerichts ist die erste Instanz beendet; sofern der Angeklagte oder die Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel einlegen, wird das dieses auch rechtskräftig, und das Verfahren ist abgeschlossen. Anderenfalls kann gegen ein Urteil des Amtsgerichts sowohl die Berufung zur Kleinen Strafkammer am Landgericht erfolgen, wo dann noch einmal eine neue Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme stattfindet, und/ oder die Revision zum Oberlandesgericht (in Berlin Kammergericht); gegen das erstinstanzliches Urteil des Landgerichts bleibt nur die Revision zum Bundesgerichtshof. In der Revision findet nur eine Überprüfung auf Rechtsfehler statt.

    Dabei unterscheiden Berufung und Revision sich insofern, als bei der Berufung nochmal eine Beweiserhebung stattfindet, also auch die Feststellung der Tatsachen überprüft wird, bei der Revision aber nur eine Überprüfung auf Rechtsfehler stattfindet.